Eine häufig gehörte Aussage in Bezug auf Elektroautos ist: "Der Marktanteil beträgt ja nur ein Prozent - das Interesse in Deutschland ist einfach nicht da!". Schaut man auf die Gesamtsummen, stimmt die Zahl sicherlich. Doch kann man die Behauptung so pauschal stehen lassen? Schauen wir uns die offiziellen Zulassungszahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) einmal etwas genauer an.

 Als Grundlage dienen die monatlichen Neuzulassungs-Statistiken des KBA (FZ 8, FZ 10 und FZ 11). Für die Zahlen zu den Elektrofahrzeugen berücksichtige ich nur genau benannte Fahrzeugmodelle, die "sonstigen" werden hier also nicht dargestellt - selbst, wenn ein Hersteller genannt ist. Weitere Besonderheiten, die es in Einzelfällen gibt, sind jeweils im Kontext genannt. Betrachtet werden außerdem ausschließlich reine Elektrofahrzeuge (BEV = batterielektrische Vehikel), keine Plugin-Hybriden.

Die Betrachtung bezieht sich auf die letzten 12 Kalendermonate. Dieser Zeitraum ist einerseits kurz genug, um aktuelle Entwicklungen abzubilden, andererseits werden die typischen saisonalen Schwankungen und auch Peaks, die in einzelnen Monaten aus unterschiedlichen Gründen auftreten, hierdurch egalisiert. Die Angaben unten beziehen sich somit komplett auf die statistischen Daten der Neuzulassungen im Zeitraum März 2018 bis Februar 2019.

Bei der Zuordnung der Fahrzeuge zu den einzelnen Marktsegmenten ist im Wesentlichen die Einstufung des KBA übernommen. Allerdings sind manche Segmente zusammengefasst. Auch hierzu finden sich in den folgenden Abschnitten Erläuterungen.

Ergänzend ist auch eine Momentaufnahme des Gebrauchtwagenmarktes enthalten. Hierzu wurde die Anzahl der zum Verkauf stehenden und als gebraucht ausgewiesenen Fahrzeuge mit Standort in Deutschland auf der Verkaufsplattform mobile.de ermittelt (Stand: 13.03.2019). Inwiefern hier Tageszulassungen und Vorführfahrzeuge enthalten sind, wurde nicht geprüft.

Überblick

Betrachtet man die heute am Markt verfügbaren Elektroauto-Modelle unter Bezug auf das Fahrzeugsegment, fällt relativ schnell eine Ungleichverteilung auf. In manchen Segmenten hat der (zukünftige) Elektromobilist schon eine relativ gute Auswahl, in anderen ist man auf einen einzelnen Hersteller angewiesen.

Und auch eine gute Auswahl an angebotenen Modellen bedeutet bekanntlich nicht, dass man, wie vom Verbrenner gewohnt, zum Vertragshändler geht, eine Probefahrt macht, bestellt und nach einigen Wochen oder vielleicht wenigen Monaten den neuen fahrbaren Untersatz chauffieren kann. Wartezeiten von 12 oder gar 18 Monaten sind keine Seltenheit. Und dennoch nehmen immer mehr Unentwegte diesen "Trabi-Effekt" in Kauf, um leise und abgasfrei fahren zu können.

Das folgende Diagramm zeigt, wie durchaus unterschiedlich sich der Marktanteil von Elektroautos in den einzelnen Segmenten darstellt:

In der Oberklasse, als Ausreißer nach oben, besteht sicherlich eine besondere Situation (geringe Gesamt-Stückzahl, bereits langjährige Verfügbarkeit eines E-Fahrzeugs). Aber auch bei den Klein- und Kleinstwagen stehen die Elektrofahrzeuge bereits deutlich besser da als der "1%-Durchschnitt", der in der aktuellen 12-Monats-Betrachtung tatsächlich bei 1,20% (38.343 von 3.198.744 Neuzulassungen) liegt. Während die 1,73% bei den Vans möglicherweise etwas trügerisch sind (mehr dazu unten), liegen die Neuzulassungen in der beliebten Kompaktklasse nahe dem Gesamtdurchschnitt. Dies ist sicherlich auch der mangelhaften Lieferbarkeit praktisch aller Fahrzeuge in dieser Klasse geschuldet.

Völlig unterrepräsentiert sind Elektrofahrzeuge dagegen noch im Bereich der SUVs, was allerdings auch daran liegt, dass bis Mitte 2018 nur ein vollelektrisches Modell in diesem Segment verfügbar war, das den finanziellen Rahmen der meisten Interessenten gesprengt haben dürfte.

In der Mittelklasse gilt dies um so mehr: sieht man von Eigenimporten ab, wurde das erste vollelektrische Mittelklassefahrzeug in Deutschland erst im Februar 2019 zugelassen. Der Marktanteil von 0,19% für den 12-Monats-Zeitraum wurde also innerhalb eines einzigen Monats erreicht, was in diesem Segment optimistisch in die Zukunft blicken lässt.

Für elektro-begeisterte Sportwagenfahrer sieht es dagegen noch düster aus - hier sind derzeit maximal Plugin-Hybride als Neuwagen verfügbar.

In absoluten Zahlen betrachtet stellt sich die Verteilung natürlich etwas anders dar:

Besonders deutlich wird die rasante Entwicklung beim Blick auf den Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos:

Insgesamt standen am Tag der Stichprobe nur 3.779 gebrauchte Elektrofahrzeuge zum Verkauf. Im Vergleich zu den allein im Februar 2019 neu zugelassenen 4.587 Fahrzeugen ist dies eine sehr niedrige Zahl. Im Gesamtmarkt aller PKWs fällt hier die Relation deutlich höher aus.

Doch zu all dem mehr Details in den nachfolgenden Abschnitten.

SUVs und Geländewagen

>>> Informationen und Tests (YouTube-Playlist)

2.791 / 942.543 = 0,30%

Den veröffentlichten Zahlen zufolge sind SUVs der Lieblings-Fahrzeugtyp der Deutschen. Das liegt allerdings auch zum Teil darin begründet, dass in der Statistik alle Fahrzeuge vom Kleinst-Crossover bis zum größten Vorstadt-Panzer in der SUV-Kategorie zusammengefasst sind. Man müsste also genau genommen für eine echte Vergleichbarkeit der Verkaufszahlen die SUVs mit "allen Fließheck-PKWs" oder "allen Stufenheck-Fahrzeugen" vergleichen.

Dennoch bleibe ich hier aus Gründen der Vergleichbarkeit bei der Segment-Einstufung des KBA - und füge sogar noch das, vom KBA separat gelistete, Segment der Geländewagen hinzu. Der Hintergrund: mir erschließt sich nicht, nach welchen Kriterien das KBA zwischen "SUV" und "Geländewagen" unterscheidet. Ein Audi Q5 oder ein Porsche Cayenne (beispielsweise) sind dort als Geländewagen eingestuft, der Audi e-tron oder das Tesla Model X dagegen als SUV. Der VW Tiguan gilt als Geländewagen, das Schwestermodell Seat Tarraco als SUV. Die Unterscheidung scheint beinahe zufällig und wird daher hier nicht getroffen.

Zwei der aufgeführten Fahrzeuge tauchen in der Zulassungsstatistik nicht auf, obwohl sie offiziell auf der Hersteller-Website geführt sind (Citroen e-Mehari) bzw. durch einen Händler in Deutschland vertrieben werden (BYD e6). Insofern werden diese hier mit null zugelassenen Fahrzeugen geführt, sollen aber dennoch nicht unerwähnt bleiben.

Bei den bereits heute zugelassenen Kia e-Niro scheint es sich um Händler-Vorführfahrzeuge zu handeln, denn der e-Niro soll offiziell erst ab April 2019 ausgeliefert werden.

Der Gebrauchtwagenmarkt stellt sich in der Verteilung ähnlich dar. Dass der gerade erschienene Audi e-tron noch nicht gebraucht verfügbar ist, verwundert nicht. Immerhin kann man den Citroen e-Mehari zumindest gebraucht erwerben.

Kompaktklasse

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10.816 / 745.824 = 1,45%

In der Kompaktklasse besteht bereits eine relativ gute Auswahl an Fahrzeugen mehrerer Hersteller. Leider, wie gesagt, zu oft nur mit sehr langen Wartezeiten, so dass viele potentielle Käufer sich schlussendlich doch erst einmal für einen Hybriden oder Verbrenner entscheiden.

In der Kompaktklasse übertrifft die Marke VW sogar ihren Marktanteil im Gesamtmarkt deutlich. Inwieweit das den noch größeren Lieferproblemen bei der überwiegend fernöstlichen Konkurrenz geschuldet ist, möchte ich dahin gestellt lassen.

Der hier noch aufgeführte Ford Focus electric wurde 2018 eingestellt und hatte niemals einen durchschlagenden Erfolg. Die letzten beiden Fahrzeuge wurden im April 2018 zugelassen.

Auch in diesem Segment verteilt sich der Gebrauchtmarkt ähnlich. Der hohe Anteil an Nissan Leaf erklärt sich zumindest teilweise aus der langen Marktpräsenz des Fahrzeugs. Hierbei handelt es sich allerdings zum größten Teil um Fahrzeuge aus der ersten Modellreihe (Leaf ZE0). Der Renault Fluence, eine Stufenheck-Variante des Megane, wurde in Deutschland von 2012 bis 2014 angeboten.

Wer übrigens den BMW i3 hier vermisst, möge diesen unter den Kleinwagen finden - denn dort hat das KBA dieses etwas aus dem Rahmen fallende Fahrzeug eingeordnet.

Kleinwagen

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14.323 / 500.253 = 2,86%

Auch bei den Kleinwagen besteht bereits eine gewisse Auswahl. Hier sind auch teilweise die Lieferzeiten deutlich kürzer.

Woher die in der Zulassungsstatistik auftauchenden Mini-Fahrzeuge stammen, ist ein kleines Mysterium. Ich habe sie einstweilen unter dem angekündigten Namen "Mini Cooper SE" aufgeführt.

Ähnlich stellt sich wiederum der Gebrauchtmarkt dar, wobei der 2017 erschienene Smart Forfour in noch relativ geringer Stückzahl vertreten ist:

Mittelklasse und obere Mittelklasse

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961 / 494.961 = 0,19%

Elektromobilität in der Mittelklasse existierte bis vor wenigen Wochen in Deutschland nicht. Nun ist Teslas Model 3 auch bei uns angekommen - und rollt buchstäblich den Markt auf, als meist zugelassenes Elektrofahrzeug über alle Segmente im Februar 2019. Ein "Neueinsteiger auf Platz 1".

Das entsprechende Diagramm ist trivial, aber gewissermaßen auch beeindruckend.

Wenn das Model 3 gerade erst erschienen ist, woher kommen dann die Gebrauchten? Naheliegend: es handelt sich wohl um Importe. Daher sollte man beim Kauf vorsichtig sein - womöglich kann das Fahrzeug weder an einem europäischen Supercharger noch an CCS laden.

Kleinstwagen

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4.729 / 241.666 = 1,96%

Die Kleinstwagen oder, wie das KBA sie etwas missverständlich benennt: "Minis", bilden das einzige Segment, in dem deutsche Marken nicht nur einen Anteil vergleichbar dem Gesamtmarkt haben, sondern das Segment sogar dominieren. Auch, wenn die Technik des Marktführers am Ende aus Frankreich kommt.

Von den sogenannten "Drillingen", also den annähernd baugleichen Citroen C-ZERO, Mitsubishi i-MiEV (oder einfach: Electric Vehicle) und Peugeot iOn, sind seit 2016 nur noch der C-ZERO und der iOn auf dem deutschen Markt verfügbar. Gebraucht kann man aber auch das Original von Mitsubishi noch bekommen.

Vans

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3.466 / 200.494 = 1,73%

Die Vans, insgesamt auf dem absteigenden Ast, werden von vielen dennoch als universell nutzbares praktisches Familienfahrzeug sehr geschätzt. Zwar liegt der Marktanteil der Elektrofahrzeuge hier mit 1,73% über dem Durchschnitt, doch leider bedient sich der Segment-Marktführer (und praktisch betrachtet einziger Anbieter) hier nach allem, was man hört, eines Tricks, der dafür sorgt, dass wohl deutlich weniger Kia Soul in Deutschland fahren, als in Deutschland zugelassen wurden.

In die Staitstik der Vans fließt außerdem eine kleine Ungenauigkeit ein: Nissans e-NV200 wird sowohl als Transporter als auch als Großraum-Van e-NV200 Evalia angeboten. Das KBA fasst die Zulassungszahlen hier zusammen, so dass nicht unterscheidbar ist, wie viele der e-NV200 tatsächlich Evalias waren. In diesem Fall habe ich tatsächlich "ein Auge zugedrückt" und die Gesamtzahl des e-NV200 dem Evalia zugeordnet. Bei maximal zweistelligen Zulassungszahlen pro Monat fällt dies allerdings nicht wirklich ins Gewicht. Ähnliches würde für den Renault Kangoo Z.E. gelten - wenn dessen Elektro-Variante überhaupt in der Zulassungsstatistik auftauchen würde. Offenbar kauft in Deutschland niemand dieses Fahrzeug. Gebraucht erwerben kann man es trotzdem.

Bleibt zu guter letzt noch die elektrische B-Klasse, der Mercedes-Benz B250e - dessen letztes Exemplar im Juni 2018 seinen Fahrer fand.

Am Ende des Tages sieht es in dieser Klasse also derzeit noch sehr flau aus mit der Möglichkeit, elektrisch zu fahren. Insbesondere, wenn es um "echte Familienfahrzeuge" geht. Dennoch soll auch hier ein Diagramm die Verteilung zeigen.

Bei den Gebrauchten zeigt sich die erwähnte Unterrepräsentierung des Kia Soul.

Die hier aufgeführten Renault Kangoo dagegen sind explizit Fahrzeuge in der "echten" Van- bzw. Hochdach-Kombi-Ausführung als 5-Sitzer - und mit voller Verglasung.

Nissan Evalias dagegen findet man gebraucht praktisch nicht.

Sportwagen

>>> Informationen und Tests (YouTube-Playlist)

0 / 39.605 = 0,00%

Zu den Sportwagen gibt es aus oben erwähnten Gründen nur sehr wenig zu sagen. Wer sich heute einen elektrischen Sportwagen zulegen möchte, muss auf einen gebrauchten Tesla Roadster zurück greifen - oder eine höhere sechs- bis siebenstellige Summe bereitstellen, um sich bei Kleinserienherstellern mit einem adäquaten Gefährt auszustatten. Oder man schielt dann doch zu den elektrisch betriebenen Limousinen aus den USA, die beinahe jeden Sportwagen problemlos abhängen können.

Immerhin gab es schon einmal einen elektrischen Sportwagen: den Tesla Roadster, der bis 2012 verkauft wurde und auf dessen für 2020 angekündigten Nachfolger viele sehnsüchtig warten - das nötige Kleingeld vorausgesetzt.

Oberklasse

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1.257 / 33.398 = 3,76%

Die Oberklasse ist, wenn man so will, ein Aushängeschild für die Elektromobilität. Das hat natürlich damit zu tun, dass die Mehrkosten, die ein Elektrofahrzeug beim Kaufpreis nun einmal hat, zuerst von der typischen Käuferschicht dieser Fahrzeugklasse getragen werden konnte - und natürlich auch die Hersteller dies wissen.

Sagte ich "die Hersteller"? Nun, noch ist es auch in dieser Fahrzeugklasse ein einzelnes Unternehmen, das mehr als nur Marktführer ist und uns zu einem weiteren trivialen Diagramm bringt.

Genauso einseitig stellt sich der Gebrauchtmarkt dar. Immerhin sind hier gewisse Stückzahlen vorhanden.

Leichtkraftfahrzeuge

>>> Informationen und Tests (YouTube-Playlist)

Diese Gruppe von Fahrzeugen, die in Größe und Leistung noch einmal deutlich unter den Kleinstwagen liegt, ist für den Einsatz kurzen Strecken prädestiniert - auch wenn schon der eine oder die andere mit einem Twizy ans Nordkap oder mit einem Twike nach Marokko gefahren ist. Sie fallen in der Regel in den L-Bereich der EU-Fahrzeugklassen und werden in den KBA-Statistiken nicht erfasst. Daher hier nur ein kurzer Überblick zum Gebrauchtmarkt.

Fazit

Dort, wo es ein Angebot und möglichst auch eine Auswahl an alltagstauglichen Elektrofahrzeugen gibt, wird dieses auch wahrgenommen. In anderen Berichten wird sehr deutlich, dass die Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen exponentiell steigen. Und die von Herstellern wie Audi, Hyundai, Kia, Jaguar oder Volkswagen beinahe unisono vorgetragenen Aussagen, man sei "von der hohen Nachfrage überrascht" und/oder müsse "erst die Produktionskapazitäten erweitern" machen klar, was am deutschen Markt passieren könnte - wenn, ja wenn, das Angebot einmal so groß wie die Nachfrage wäre.

Noch ist das Angebot an Elektrofahrzeugen nicht in allen Segmenten auf einem wünschenswerten Niveau. Es gibt sowohl Monopolstellungen als auch Lücken. Aber man darf gespannt sein, was das Jahr 2019 noch bringt - hoffen wir, dass die vielen Ankündigungen, gerade wieder um den Genfer Autosalon herum, sich auch bewahrheiten.

Disclaimer

Alle Daten sind nach besten Wissen und Gewissen zusammengestellt, ein Fehler kann sich natürlich dennoch immer einschleichen.

Textliche Aussagen, die sich nicht auf die statistischen Werte beziehen, stellen meine persönliche Meinung dar.